Fehlgeburt: Häufigkeit, Ursache und emotionale Reaktionen

Schwangerschaften werden meist erst nach der 12. Schwangerschaftswoche angekündigt. So kann vermieden werden, dass im Falle einer Fehlgeburt im ersten Trimester, die Fehlgeburt an die Öffentlichkeit gelangt. Denn bei einer Fehlgeburt nach Ankündigung der Schwangerschaft wäre man dazu gezwungen über das Geschehene sprechen zu müssen oder würde mit den Emotionen und Meinungen anderer Menschen konfrontiert werden. So empfinden es manche Frauen, die eine Fehlgeburt in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft erlebt haben, als Erleichterung, die Schwangerschaft nicht angekündigt zu haben. Sie müssen mit niemandem darüber sprechen, dass das erwartete Kind nicht mehr lebend zur Welt kommen würde und können im Stillen trauern. Andere Frauen leiden jedoch unter dem Schweigen und fühlen sich einsam. Sie möchten sich mit anderen austauschen und sich weniger alleine fühlen. 

 

Jede dritte Schwangerschaft endet in einer Fehlgeburt. Trotzdem sprechen nur die wenigsten darüber. 

Zweifelsfrei führt die weit verbreitete Praxis des Schweigens während der ersten 12 Wochen der Schwangerschaft jedoch oft dazu, dass über Fehlgeburten nicht gesprochen wird und daraus folgend, dass Wissen über Fehlgeburten im Allgemeinen nur beschränkt vorhanden ist. Das fehlende Wissen schafft wiederum Nährboden für Mythen und Irrglauben über Fehlgeburten, wie zum Beispiel der Irrglaube, dass Fehlgeburten eher selten auftreten. Frauen, die eine Fehlgeburt erleben und glauben, dass Fehlgeburten nur sehr selten vorkommen, können sich isoliert, einsam und sozial entfremdet fühlen. Das eine Fehlgeburt zu den am häufigst vorkommenden Komplikationen einer Schwangerschaft zählt, wissen nur die Wenigsten. Jede dritte Schwangerschaft endet in einer Fehlgeburt. Manchen Frauen, welche eine Fehlgeburt erlebt haben, kann es deshalb helfen, sich mit anderen über das Erlebte auszutauschen. Auch Beratungsstellen können dabei helfen Informationen zu vermitteln und das Erlebte zu verarbeiten.

70 Prozent der Fehlgeburten werden durch chromosomale Abnormalitäten verursacht und sind nicht von unserem Lebensstil beeinflussbar.

Ein anderer Irrglaube beinhaltet, dass Fehlgeburten beeinflussbar und vom Lebensstil abhängig ist. Tatsächlich werden jedoch 70 Prozent der Fehlgeburten durch chromosomale Abnormalitäten verursacht. Dennoch glaubten in einer von AVA im September 2019 durchgeführten Umfrage unter 1332 erwachsenen Frauen in Europa, 71% der Frauen fälschlicherweise, dass “Stress” eine Fehlgeburt verursachen kann, 37% “intensives Training” und 35% das “Heben schwerer Gegenstände”. Der Mythos, dass Fehlgeburten von unserem Lebensstil beeinflussbar und demnach in der Verantwortung der betroffenen Frau liegt kann zu Schuldgefühlen führen; in der oben erwähnten Umfrage gaben sich fast die Hälfte der Frauen (46%) selbst die Schuld.  

 

Wie können Schuldgefühle bearbeitet werden? 

Schuldgefühle entstehen, weil man denkt etwas getan zu haben, dass man nicht hätte tun sollen oder etwas nicht getan zu haben, was man hätte tun sollen. Vielleicht hilft es bei Schuldgefühlen sich nochmals vor Augen zu führen, dass die meisten Fehlgeburten auf chromosomale Abnormalitäten zurückzuführen sind. Im Ablauf “Eisprung, Befruchtung der Eizelle und Einnistung” gibt es viele Störfaktoren und der Lebensstil nimmt hierbei nur einen geringen Einfluss. Vielleicht hilft es auch, sich über die Häufigkeit von Fehlgeburten zu erinnern. Fehlgeburten gehören zum Kinderkriegen: Sehr wahrscheinlich erlebt jede Frau im Laufe ihres Lebens mehr Fehlgeburten, als sie Kinder lebend zur Welt bringt. Eine Fehlgeburt ist deshalb kein persönliches Versagen, sondern jeder gut gelaufene Tag der Schwangerschaft ein Erfolg.

Wie die emotionale Reaktion auf eine Fehlgeburt aussieht unterscheidet sich von Frau zu Frau. 

Fast alle Frauen jedoch, welche eine Fehlgeburt erlebt haben, trauern. Trauer ist ein Prozess der sich nach einem Verlust einstellt und beinhaltet körperliche, emotionale, behaviorale, soziale, kulturelle und philosophische Dimensionen. Auch äussere Umstände wie ein langanhaltender Kinderwunsch, keine lebenden Kinder, Abtreibungen in der Vergangenheit, eine bereits fortgeschrittene Schwangerschaft und das soziale Umfeld beeinflussen, wie jemand auf eine Fehlgeburt reagiert. 

Personalisierte Rituale können dabei helfen, das Erlebte zu verarbeiten und der Trauer Bedeutung zuzuweisen.

Genauso wie die Reaktion auf eine Fehlgeburt, so unterscheidet sich auch die Trauerarbeit. Den einen hilft es, schnell zur Normalität zurückzukehren, indem sie sich mit Arbeit und anderen Aktivitäten ablenken. Bei anderen klappt das nicht und führt vielleicht zu einer Verstärkung der Trauer oder Verlagerung auf andere Lebensbereiche. Für diese Frauen ist die Verarbeitung der Trauer essentiell. Personalisierte Rituale können dabei helfen, das Erlebte zu verarbeiten und der Trauer Bedeutung zuzuweisen. In der Schweiz gibt es zum Beispiel die Möglichkeit einer Beurkundung von vor der 22. Schwangerschaftswoche geborene und verstorbene Kinder. Eine solche Bestätigung kann auf dem Zivilstandsamt eingefordert werden. 

Hier ein Beispiel für ein Trauerritual aus Japan:

Mizuko Kuyō (Wasserkind-Gedenkzeremonie) ist eine in Japan praktizierte, buddhistische Zeremonie nach Fehlgeburten, Totgeburten oder Abtreibungen. Mizuko, wörtlich Wasserkind, ist das Japanische Wort für ein totgeborenes Kind, während Kuyō sich auf eine Begräbniszeremonie bezieht. 

In der Vergangenheit bestand Mizuko Kuyō daraus, Jizō, einem Bodhisattva, der für das Wohlergehen der Kinder steht, Opfer darzubringen. Heutzutage ist Mizuko Kuyō eine strukturierte Gedenkzeremonie, die üblicherweise von einem buddhistischen Priester wird. Als Teil der Zeremonie wird eine Jizō-Satue im Tempelgarten platziert. Ihr werden ein roter Umhang und eine Kappe angezogen, auch können Eltern die Statue mit Gegenständen des Kindes dekorieren. 


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Manchmal hilft es, sich darüber auszutauschen, wie andere Frauen nach einer Fehlgeburt ihre Trauer bearbeitet haben. Haben sie Rituale durchgeführt? Was hat ihnen bei der Verarbeitung ihrer Emotionen geholfen? Melde dich hier kostenlos beim Mamatomo-Netzwerk an und finde eine Mamatomo, mit der du dich über deine Erlebnisse austauschen kannst. 

Hole dir Unterstützung. 

Doch egal wie eine Frau auf eine Fehlgeburt reagiert oder wie sie verarbeitet, eine Fehlgeburt ist ein einschneidendes Ereignis, was nicht unterschätzt werden darf. Trauer, Wut, Aggression, Scham, Schuldgefühle - all das sind normale emotionale Reaktionen auf eine Fehlgeburt, die überwältigend sein können. Jede Frau hat das Recht auf Unterstützung in dieser sensiblen Phase und egal wie du deine Fehlgeburt erlebst, welche Reaktionen du darauf hast oder wie du deine Trauer verarbeitest, es kann gut tun über das Erlebte zu sprechen. Leider berichtet jede dritte Frau, die eine Fehlgeburt erlebt hat, Unzufriedenheit mit der Betreuung von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt während und nach der Fehlgeburt. Gerade deshalb macht es für viele Sinn psychologische Betreuung einzufordern. Du musst da nicht allein durch. 

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Manchmal kann die Fehlgeburt als traumatisch erlebt werden oder zu einer psychischen Störung führen. Wenn die Reaktion auf eine Fehlgeburt lange anhält und/oder sich einschneidend auf dein Wohlbefinden auswirkt, solltest du so bald wie möglich professionelle psychologische Betreuung oder Psychotherapie in Anspruch nehmen.